Ankunft am Abend & erste Tage

30.05.2020

Nun haben wir es geschafft. Nach fast 800 Kilometer sind wir angekommen und Hundi hat brav & tapfer alle Reisestrapazen gut mitgemacht.

Angekommen. Taghell, aber spät
Angekommen. Taghell, aber spät

Da es schon spät ist, werde ich nur das Heckzelt über die geöffnete Heckklappe meines MiniCampers werfen, abspannen und gut ist es für die Nacht.

Zunächst kommt der Spaziergang mit dem Hund, dann das ganze Rumgeräume, wie man links gut erahnen kann. Schließlich brauche ich auch noch einen Schlafplatz für die Nacht ...

Ein prachtvoller Frühsommertag und eine Abgeschiedenheit in den Wümmewiesen, einem Naturschutzgebiet bei Borgfeld/Bremen lässt uns in eine tiefenentspannte Phase eintreten, die Hundi wie Herrchen nur begeistern: Fluß, Wiesen, Kräuter, bäuerliche Umgebung und nicht einen Anhaltspunkt, der auch nur ansatzweise eine Großstadt mit viel Flair in mittelbarer Nähe erahnen lässt.

Abendstimmung mit kleinem Heckzelt "übergeworfen"
Abendstimmung mit kleinem Heckzelt "übergeworfen"

Da wir an diesem Ort für unseren gesamten Aufenthalt bleiben möchten und nicht wie Nomaden von Ort zu Ort ziehen wollen, entschließe ich mich, das vergangene Jahr gekaufte und deutlich größere Heckzelt am MiniCamper aufzubauen. Vorteil: es steht frei, wenn man mal mit seinem Fahrzeug wegfahren möchte (angedacht ist eine Fahrt an die Küste). Auf die Weise kann viel Ausrüstung am Platz verbleiben und man ist schlank unterwegs.

Gesagt, getan. Nach erstaunlich wenigen Momenten ist das Zelt aufgebaut und anstelle des kleineren, mobileren Heckzelts getauscht.

Es bietet tatsächlich enormen Raumgewinn für Hund und Herrchen. Und der Luxus einer Senseo-Kaffeemaschine ist auch dabei. Es sollte sich zeigen, dass dies die richtige Entscheidung gewesen ist. Hier habe ich Strom. Alles unkompliziert. Obwohl ich autark organisiert bin, empfinde ich die Kaffeemaschine nicht als "Verletzung eines ungeschriebenen Gesetzes".

Am Spätnachmittag mache ich mich mit Hund & Fahrradhänger durch das sechs Kilometer lange Vogelschutzgebiet auf den Weg, um vor Ort Kleinigkeiten einzukaufen. Bei Heimkehr gibt es Abendbrot und Bier und wir lassen den lieben Gott einen guten alten Mann sein.


Der zweite Tag

Es ist Pfingstsonntag. Wir (Hund & Herrchen) treffen alte Freunde und machen ein Picknick im Grünen. Ein Klassiker: am Rand einer Heuwiese im Halbschatten einer alten Eiche. Herrliche Düfte, tolles Picknick und insgesamt eine wunderschöne Atmosphäre.
Anschließend geht unsere Radtour über Fischerhude, Quellkorn und Ottersberg zurück zum Hexenberg. Fischerhude zieht seit seit Jahren viele Ausflügler und Gesellschaften an. Es liegt landschaftlich reizvoll eingebettet mit weitem Blick über freie Felder. Dort gibt es mittlerweile einige Cafés, Künstler und solche, die sich dafür halten. Auf dem Friedhof im Ort ist auch das Grab des Enkels von Kaiser Wilhelm II. Dieser kam mW. 1973 bei einem tragischen Rangierunfall bei der Bundeswehr ums Leben. Unweit des Hexenbergs hat der heutige Urenkel auch einen Landsitz, an dem man immer vorbeikommt, wenn man die Wümmewiesen mit dem Rad durchquert.
Erstaunlich, was man so erfährt, wenn man so auf Reisen ist ...

Ein wunderschöner Pfingstsonntag. Zwischendurch Eisdiele in Ottersberg, wo auch eine Künstlerakademie ansässig ist und Essen im Biergarten zum Abschluss unserer Tagestour bei Meyerdierks, ein Gasthaus am Ort mit einer über einhundertjährigen Tradition. Die Küche ist sehr empfehlenswert!


Der dritte Tag

Mir gefällt die Schlichtheit protestantischer Kirchen
Mir gefällt die Schlichtheit protestantischer Kirchen
Älteste Kirche im Bremer Umland
Älteste Kirche im Bremer Umland

Nach einem schönen Morgen und ausgiebigen Frühstück draußen fuhren Hund Nessi und ich mit Fahrrad und Anhänger nach Barrien. Der Ort liegt südöstlich in der Wildeshauser Geest, ein wunderschönes Gebiet Norddeutschlands und gleichzeitig der größte Naturpark Niedersachsens. (Diesen Teil erkunden wir ein anderes Mal genauer! Naturpak Wattenmeer und Harz später natürlich auch noch.)
Es war eine Odyssee, weil wir nicht über die Weser kamen. Wir landeten in Bollen. Das ist zwischen Dreye und Achim. Nächste Brücke zur Überquerung: Achim oder Hemelingen (Erdbeerbrücke). Ich entschied mich für die Erdbeerbrücke. Dann über Leeste nach Barrien. Einem verschlafenen Kaff mit einer bald 800 Jahre alten ehrwürdigen Wassermühle und der ältesten Kirche im Bremer Umland mit einem Alter von 988 Jahren. Der heutige Bau steht auf den Fundamenten eines romanischen Vorgängerbaues, der im 11. Jahrhundert gegründet worden ist. Nach der Überlieferung wurde sie vom Bremer Erzbischof Liäwizo II. geweiht, der im Jahr 1032 starb.

Aber unfassbar! Keine Eisdiele weit und breit. Stattdessen ein Tipp von einer Ortskundigen, die meine Ratlosigkeit wohl erkannte: Richtung Gessel, rechter Hand ein Biohof mit Gastronomie. Nix wie hin. War gut - und eine Wohltat. 18:00 ging's wieder los. Um 20:18 waren wir wieder zurück und völlig kaputt. Mein Zeit- und Entfernungsmesser machte batteriemäßig schlapp und zeichnete nix von den real knapp 100 gefahrenen Kilometern auf! Lediglich die ersten 60 Kilometer.
Der Fahrradakku machte einen guten Kilometer vor dem Ziel am Domizil schlapp. Und das, obwohl ich gute 20 Kilometer sowieso ohne Tretunterstützung gefahren war. Fazit Akku: hält max. um die 70 Km. Wir sind beide richtig erledigt! Nessi pooft, ich tippe diese Zeilen, habe zuvor gegessen und pfeife mir ein kleines Gute-Nacht-Bier rein.


Der vierte Tag

Seit Pfingstmontag sind viele der ohnehin wenigen Dauercamper wieder weg.  Der ursprüngliche Bauernhof, der seinen Charakter bis heute nicht verloren hat, hat eine sehr begrenzte Zahl an Plätze für Dauercamper und - so war ich seinerzeit überhaupt auf diesen Hof aufmerksam geworden, einen schönen Bootsanlegr für Kanuten, die die direkt entlangfließende Wümme nutzen und am Abend eine Bleibe suchen.
Alles somit wieder noch ruhiger. Sehr angenehm! Ein Gespräch mit Klaus, dem Hausherrn der ganzen Hofanlage, über meine Absicht, das Teufelsmoor zu besuchen und dort zu wandern, führte zu guten Tipps und gab mir dann alte, sehr interessante Literatur dazu. Die legte er mir auf den Tisch, während ich mittags zum Schlaf des Gerechten hinüberschlummerte bei Blätterrauschen, Vogelgezwitscher und auch ansonsten friedvoller Ruhe. Nach der Siesta machte ich mir Kaffee. Das war mein Mittag.
Dann brach ich mit Nestor nach Bremen auf. Auf dem Hinweg bereits beim Schlachter und Bäcker eingekauft, weil ich es sonst nicht so gut hingekriegt hätte (Nestor blieb im Fahrradhänger und immer in meinem Blickfeld). Dann ging es weiter: Schließlich kehrten wir in einer guten Adresse ein, um Zanderfilet zu essen. Immer wieder spitze! Danach Cappuccino und Kuchen. Was gehts uns doch gut!
Anschließend wurde ein Schlafsackkauf fällig. Meine mitgebrachte Decke langt leider nicht aus und mein guter alter Schlafsack zuhause hat auch schon schlappe drei Jahrzehnte auf der Daune; somit ist ein aktueller (ein Schweizer "Mammut") hier und jetzt mehr als sinnvoll. Vor allem soll er keine Mumienform haben, sondern auch als vollständige Decke fungieren. Bin mal gespannt... 


Der fünfte Tag

Heute sind wir nach Worpswede Richtung Osterholz geradelt. Schöne Hintour, warmes Wetter. 19 Kilometer. "Neu-Helgoland" hieß unser Ausgangspunkt, der mir irgendwie bekannt vorgekommen ist. Dort das Gefährt abgestellt und abgeschlossen und dann mit Nessi bei recht drückender Hitze schattenlos 9 Kilometer durch die schöne Moorlandschaft gegangen. Ziel war Melchers Hütte. Ich war schon fix und alle, Nessi brauchte auch eine Pause. Interessant ist, dass die Hütte, eine ziemlich große Hütte, eher ein großes ehrwürdiges Fachwerkhaus, seitdem es dort steht (über 100 Jahre) auch heute noch ohne Stromanschluss funktioniert. Die Gaststube ist alt und alles original und es fällt schummriges Licht durch die Fenster. Der Biergarten direkt an der breiten Hamme ist großzügig und schön. Ich trank dank großer Hitze ein "Moorbier". War lecker und kommt aus OHZ.

Windmühle in Worpswede
Windmühle in Worpswede

Es war 14:00 und es gewitterte schon. Mist! Ich muss noch etwa die gleiche Wegstrecke zu Fuß machen, zurück zum Fahrrad. Und es sollte doch laut Wetterbericht nur leicht regnen, der Rest sollte doch erst morgen niederprasseln? Hoffentlich geht das gut?! Nestor bekam Wasser, was er einfach nicht wollte. Und ein Stück Ochsenziemer, was er wegzimmerte.

Es ist gutgegangen! Wir sind weitergegangen, also eine "Rundwanderung" und nicht den selben Weg zurückgegangen. In "Neu-Helgoland" habe ich statt Mittagessen zwei Cappuccini und ein Stück Apfelkuchen gegessen. Derart gestärkt machten wir uns wieder auf den Weg mit Rad und Hänger Richtung Hexenberg. Wir bekamen nur kurz ein paar Tropfen ab. Nach dem Aufbruch von Melchers Hütte regnete es auch leicht, aber so, dass ich meine leichte blaue Regenjacke überwarf. Das war ausreichend. Gegen 18:15 waren wir zurück und prompt fing es an, stärker zu regnen. Wie bestellt. Aber es blieb letztendlich bei insgesamt wenig Regen.
Nachfolgend ein paar Impressionen durchs Teufelsmoor.


Ich sitze derweil wieder längst draußen, habe gegessen und abgewaschen und Nestor liegt mir hier zu Füßen und pooft. Ich werde vielleicht ein Bier trinken und dann alsbald ins Bett krabbeln. Ab morgen werden es bestenfalls um die 18° werden und immer mal wieder schauern. Das soll so bleiben für die nächsten Tage. Mal schauen, ob wir dann noch eine Tour durchs Teufelsmoor machen werden.

Was aufgefallen war
Überall kann man prima durchs Teufelsmoor mit dem Fahrrad fahren. Die Wege sind breit und geschottert, nur die wenigsten sind zu Fuß unterwegs. Das Erlebnis auf unserer Wanderung mit Nestor: er rollte sich auf einer Wiese und lief dann parallel zum Weg, auf dem ich ging, nebenher. Dazwischen ein Moorgraben, wie sie dort fast überall sind. Dann gab es keinen Überweg, also sprang Nestor in den Graben. Er versank ziemlich stark, aber kam schnell wieder hoch. Gott sei Dank nicht mit dem Kopf, denn als er wieder draußen war, sah ich, dass er ganz dunkel bis schwarz war vom moorigen Wasser. Und er schüttelte sich, wie üblich. Ich konnte mich gerade noch rechtzeitig in Deckung bringen, habe aber einige "schwarze Punkte" / Flecken abbekommen. (Habe leider kein Foto davon gemacht.) Das war mein Tag fünf. Wie die Zeit vergeht ...


Munter bleiben
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