Entlang der Ems mit Rad & Hund

27.09.2020

Mitte September haben wir die Ems & umzu unter unsere Räder genommen. Da kann man machen, was man will: Überraschungen gibt es immer wieder. Welche das waren, erfahrt ihr nachfolgend. Eins war uns von vornherein klar: diese Tour wird ganz schön emsig.

Unsere drei Wochen Urlaub dieses Jahr sollten gesplittet sein. Knapp zwei Wochen haben wir uns Zeit für den Emsradweg genommen. Als Einstieg wählten wir das zweite Wochenende, an dem der Caravansalon in Düsseldorf noch stattfand, denn wir wollten den ganzen Sonnabend bei einigen Zubehöranbietern  vorbeischauen. Wir haben tatsächlich ein hochwertiges 200 Watt-Solarpanel erworben, dessen Kauf wir zwar jetzt nicht beabsichtigt, aber auch nicht bereut haben.

Wir kamen Freitag "pünktlich" mittags los. Früher ging's leider nicht. Unterwegs telefonierte ich den C-Platz Unterbacher See bei Düsseldorf an, um einen Platz für die Nacht anzufragen. Man fragte meinen Namen, Adresse und Mail ab und wenige Minuten später hatte ich die Buchungsbestätigung.

Obwohl wir auf der Autobahn gut vorankamen, fuhren wir gegen 18:00 bei Limburg von der Bahn und nahmen einen C-Platz in dortiger Nähe. Wir hätten es nicht mehr zu den Öffnungszeiten geschafft; wir "sollten" aber möglichst innerhalb der Zeit dort eintreffen, worauf die Dame vom Unterbacher See hinwies.
Also den Platz an der Lahn eingenommen und den in Düsseldorf abgesagt. So weit, so gut.
Sonnabend kamen wir zwar erst um elf Uhr auf die Messe, für unsere Belange hat aber alles zeitlich gepasst.

Abends kamen wir bei Dortmund in Hohensyburg auf einen C-Platz. Sauerland. Bergig und proppevoll. Aber die nette Dame hat uns auf der Zeltwiese auf dem Berg einen Platz geben können. Auf die Frage, ob man denn in der Gastro nebenan etwas essen könne, musste sie verneinen: geschlossene Gesellschaft. Der Wirt der Kneipe feiert seinen Fuffzigsten und der Wirt, der eine Grillhütte und Kiosk auf dem Platz betreibt, hat zu, weil er dort mitfeiert. Na klasse! Nicht mal ein schnödes Bier, dachte ich. Aber da sagte die lustige Frau: "Moment mal. Ich kann da was machen, bitte warten," verschwand und kam nach einem Augenblick wieder und übergab mir vier große kühle alkoholfreie polnische Biere. "Werbeaktion dieses Wochenende. Promotion." Na, denn Prost. Ich bedankte & verabschiedete mich aus der ulkigen Situation und wir machten uns auf zur Zeltwiese.

Da waren nicht viele Leute. Aber ein Club von Harleyfahrern. Etwa acht Leute zwischen 30 und Mitte 50, schätz' ich. Die sorgten ungeachtet anderer Gäste für mäßig kräftige Dauerbeschallung und gaben sich natürlich die Kante. Jeder hatte sein ein-Personenzelt, daneben jeder seine Harley geparkt, in Reih und Glied. Das alles wirkte irgendwie aus der Zeit gefallen. Ein großes Lagerfeuer brannte die ganze Zeit. Um 3:30 Uhr hörte ich noch etwas. Wat'solls! Ist eh nur eine Nacht und so schlimm war's nun auch nicht.



Die Emsquelle bei Hövelhof
Die Emsquelle bei Hövelhof

Der Sonntag war sonnig, das Frühstück gewohnt gut und wir angenehm entspannt. Mittags ging es dann nach einem leckeren Essen im Ort direkt nach Paderborn (hätte nie gedacht, das diese Stadt mal Ausgangspunkt eines Urlaubs werden würde!). Wir haben einen C-Platz am Waldsee etwa 7 Km von PB gelegen, aufgesucht. Ruhige Lage und wird von Vater und Tochter geführt. Einfach, unkompliziert und nett. Können wir nur empfehlen!

Von hier aus starteten wir am Montag direkt durch. Unseren Bulli ließen wir auf dem Parkplatz vor dem C-Platz, packten unsere Räder und Fahrradhänger und fuhren dann zunächst ins 11 Km entfernte Hövelhof zu den Emsquellen, dem Ursprung der Ems.

Kurz vorher schloss ich noch das neue Solarpanel an die Zweitbatterie des Bullis an, das faltbare Panel klappte ich mehr oder weniger geschickt um die innenseitige Windschutzscheibe: Regler zeigte Betrieb an, Kontroll-LED's blinkten fröhlich, wir blieben aber skeptisch, ob das Panel es schaffen würde, etwa 12 Tage lang die Batterie nachzuladen, wo der große Kompressorkühlschrank dranhing. Bei voller Ladung schafft die Batterie allein etwa fünf Tage; dann ist finito. Aber den gesamten Kühlschrankinhalt per Rad mitnehmen war unmöglich. Kein Risiko - kein Spaß. 

So organisiert machten wir uns also endlich auf, der Ems mit Rädern und Hund zu folgen und waren gespannt auf die Umgebung, große westfälische und niedersächsische Bauernhöfe und Ländereien und was uns da noch alles so erwartete.

Die Ems - hier ein kleines Bächlein
Die Ems - hier ein kleines Bächlein

Startpunkt könnte der Parkplatz direkt bei den Emsquellen sein. Zum Übernachten im MiniCamper sollte es gut sein, um früh zu starten. Die Waldlage im Grünen verspricht völlige Ruhe. Ob das Fahrzeug eine Woche oder mehr dort unbeaufsichtigt gut steht, wäre eher zu bezweifeln angesichts der Abgeschiedenheit. Aber wir haben zwei Fahrzeuge mit Fahrradträgern gesehen, die dort abgestellt waren. Einige scheinen die Emsquellen als Startpunkt zu wählen.



Montag - unser erster Tag am Emsradweg

Unsere Route führt uns erst nach Hövelhof, wo die Emsquellen sind. Elf Kilometer. Von den Emsquellen müssen wir  wieder zurück nach Hövelhof, weil es der noch mickrigen Ems entlanggeht. Weitere sieben Kilometer. Aber wir wollten unbedingt die Emsquellen "sehen". Aber "sehen" konnten wir da nicht viel, da die Quellen unteriridsch verlaufen und irgendwo rauskommen und zunächst ein kleines Rinnsal bilden.
Wir fahren also reichlich Kilometer und sind irgendwie nicht viel weitergekommen. Dennoch setzen wir unsere erste Tagestour unbeirrt fort.

Schließlich suchen und finden wir auf unserer Karte einen ausgewiesenen C-Platz beim Tierpark. Dort kommen wir gegen 18 Uhr endlich an und freuen uns schon auf einrichten unseres Quartiers bei Sonnenschein und ein nettes Abendessen. Aber dort sagt man uns, der Campingplatz sei nur für Dauercamper und hält keine Plätze für Tagestouristen bereit. Zelten nicht möglich. Klasse!
Zumindest gibt uns die resolute Dame einen Tipp, wo der nächste C-Platz ist, der "definitiv auf hat", auch für Fahrradtouristen. Also wieder 12 Km zurück! Dabei entfernen wir uns deutlich vom Emsradweg und müssen das am nächsten Tag auch zurückradeln. Jetzt wird unser Fahrradfahren stiller und wir konzentrieren uns darauf, möglichst ohne weitere Verzögerungen den Platz zu finden.

Auch schön: Vogelschutzgebiet bei Dellbrück
Auch schön: Vogelschutzgebiet bei Dellbrück

Auf dem Weg dorthin passieren wir einen großen Bauernhof. Der Bauer wäscht seinen Riesentrecker, derweil ein mördergroßer Bernhardiner erst bellt, seine Masse dann langsam in Bewegung setzt und dabei immer schneller wird. Der Bauer ruft seinen aggressiven Hund, der sich nicht drum schert, was der brüllt. Es wird klar: der Hund versucht eine Attacke gegen uns. Von meiner Frau läßt er ab, obwohl es beinahe bei ihr zum Sturz gekommen wäre, verfolgt aber meinen Hund, der im Fahrradhänger ist und mich. Wir entkommen, bin aber wütend über den Vorgang. Wirklich sehr wütend! Auch noch einen Tag später.
Wir fuhren auf einem Radweg an einer Landstraße. Kein Grundstück des Bauern. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der Bernhardiner einen von uns erwischt hätte. Der Hund hatte geschätzte 80 Kilo auf dem Laib, dabei eine enorme Größe und Sprinten war Gott-sei-Dank nicht seine Stärke gewesen!
Man kann sich gewiß nicht vor alle Eventualitäten schützen, die als größere oder kleine Unglücke über einen hereinbrechen können, wenn man auf Reisen ist. Aber diese Begebenheit hat mich nachdenklich gestimmt. Sicher werde ich für künftige (Rad)Reisen Überlegungen anstellen, wie ggf. Hundeattacken zum Selbstschutz abgewehrt werden können. Obwohl selbst erfahrener Hndehalter, habe ich sowas nicht auf dem Schirm gehabt.

Als Tagesfazit stelle ich fest: wie schaffen es tatsächlich, nur ca. 20 Km von Paderborn entfernt (!) einen C-Platz zu finden (Boke bei Delbrück), fahren aber sagenhafte 61 Km🤫 
Nun ja. Die Strecke zu den Emsquellen, die wir nicht gesehen haben, hat ein paar Mehrkilometer eingebracht und die schon ärgerlichen Zusatzkilometer, nur, weil der verzeichnete C-Platz am Tierpark doch kein "richtiger" C-Platz war, machen das Bild dann komplett. 

Abends schnell das Zelt aufbauen
Abends schnell das Zelt aufbauen

Der Campingplatz, den wir in der beginnenden Dämmerung erreichen, ist eher was für Ausländer (Arbeiter auf Montage, Osteuropäer in Fleischindustrie, etc., schätzen wir nach den Sprachen, die wir hören). Wir sehen auch, dass die Leute dort weniger campen, als vielmehr "wohnen" und erinnert schon krass an slumartige barackmäßge Hütten in Brasilien. Ziemlich unwirklich.

Der C-Platz war auf unserer Wegstrecke auch nirgends ausgeschildert und befindet sich weit abseits von Ortschaften zwischen Baggerseen und Kiesbergen. Dies verunsicherte uns noch mehr bei der Suche zu fortgeschrittener Uhrzeit.

Dennoch: Beim Zeltaufbau haben wir immerhin noch 26°. Für Mitte September abends in Norddeutschland angenehm zeltfreundlich. Und das ältere Betreiberehepaar ist sehr nett, hilfsbereit und sympathisch gewesen. Der Akku vom Rad wurde morgens unproblematisch geladen, als wir frühstückten.



Dienstag - unser zweiter Tag am Emsradweg

Wir haben gut geschlafen, die Nacht war ruhig mit viel frischer Luft. Unser Frühstück nahmen wir auf einer der Sitzbänke ein, die wetterfest bei den schweren Betontischen installiert waren. Für Radreisende prima. Auf der Karte, stellen wir fest,  nennt sich der Fleck "Untereichen", wo wir waren.
Mit dem Frühstück ließen wir uns Zeit, damit die Sonne mit ihren warmen Strahlen unser Zelt erfassen konnte, um die Restfeuchte der Nacht weitmöglichst abzutrocknen.

Auf und weiter, hieß es dann. Den Emsradweg mussten wir erst wiederfinden und sind dazu eine etwas andere Strecke gefahren.

Wir passieren mittags Rietberg, ein kleines, verschlafen wirkendes Städtchen mit vielen typischen Fachwerkhäusern. Die Sonne brezelt, wir finden draußen einen schattigen Platz in einem kurdischen Restaurant. Leckere Küche. Anschließend gibt es ein Eis aus der Eisdiele wenige Meter weiter.

In Wiedenbrück
In Wiedenbrück

Weiter zieht es uns durch Rheda-Wiedenbrück in Richtung unseres nächsten C-Platzes. Auch, wenn wir uns für den Besuch dieser bezaubernden Kleinstadt keine Zeit genommen haben, spüren wir, wie falsch es ist, einfach weiterzufahren. Immer die Befürchtung vor Augen, es wieder nicht rechtzeitig zu unserem nächsten Nachtquartier zu schaffen. Rietberg war schön und Rheda-Wiedenbrück beeindruckt durch schöne Häuser, Gärten, Park, Schlossanlage, alter ehrwürdiger Wassermühle und einer sehr entspannten Atmosphäre. Zumindest diese nehmen wir wahr und ich verspreche mir, wiederzukommen. Bereits jetzt merke ich, etwas ändern zu müssen, damit wir "mehr Urlaub" haben auf einer Radreise wie dieser.

Sassenberg
Sassenberg

Sind in Sassenberg. Auf dem Weg hierher stellen wir fest, dass jetzt im September, obwohl 31 Grad heiß, nicht mehr jeder Campingplatz geöffnet hat. Der C-Platz mit gehobenem Standart in Sassenberg hat ganzjährig geöffnet, ist sehr groß wie der vorherige, aber ansonsten das genaue Gegenteil: sehr gepflegt, sauber, großzügig in Raumangebot und feine sanitäre Anlagen.
Unser wunderbarer Hund macht alles super mit. Einfach fantastisch!
Aber heute sind wir völlig fertig. Gut, daß wir morgen nur etwa 30 Km fahren werden. So zumindest gibt uns die Karte Auskunft.



Mittwoch - unser dritter Tag am Emsradweg

Wir genießen einen schönen Sonnenaufgang - und überhaupt ist das Wetter diese Woche aufs Angenehmste reiseradfreundlich. Wir starten in Ruhe durch. Aber unsere Route wird uns nicht nach Münster führen, entscheiden wir während wir fahren, nach weiterer Überlegung. Münster liegt nicht direkt auf unserer Emsradwegroute. Wir hätten schon gern einen Bummel durch die schöne Stadt gemacht, geben aber anderen Städtchen am Emsradweg den Vorzug. (Auch hier regiert wieder die Zeitplanung, von wegen rechtzeitiges Ankommen vor Einbruch der Dämmerung und dergleichen).

Wir kommen nach Warendorf und essen dort auf dem Marktplatz gut bürgerlich und vegetarisch in einem Gasthof. Auch diese Kleinstadt wirkt entspannt und verschlafen, auch, wenn es in diesem Sommer im öffentlichen Rampenlicht gestanden hat und alles andere als entspannt gewesen war wegen der fleischverarbeitenden Industrie und dort stark gestiegenen Infektionszahlen bei Corona.

Beschaulichkeit pur
Beschaulichkeit pur

Wir fahren über prima asphaltierte Wege, die ursprünglich wohl nur für die Land- und Forstwirtschaft gedacht waren. Heute teilen sie sich mit dem radfahrenden Volk. Es ist ein Genuss, zwischen den Feldern, nur noch hohe Maisfelder wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit, durchzufahren, die Farben, Luft und die Stille wahrzunehmen. Dabei sind wir als Radfahrer allein.

In Rheine machen wir eine Pause, bummeln durch die Innenstadt und genehmigen uns Kaffee, Eis & Cappuccino.

In Greven stürze ich noch in einen Edeka-Geschäft für einen kleinen Einkauf. Dann haben wir nur noch etwa zwei Kilometer zu fahren, sind irgendwie wieder leicht abgehetzt wegen der einbrechenden Dämmerung. Aber wir kommen schließlich in Ausmann am Westeroder See an, dem einzigen C-Platz weit und breit.
Der Platz ist akkurat gepflegt und wir finden, dass wir viel zahlen. Genauso viel als wären wir mit einem Reisemobil angerollt. Aber als Radreisende zu dieser Jahreszeit muss man mit dem zufrieden sein, was man bekommt. 



Munter bleiben
Brehjean - Das bessere Tagebuch