Dänemark

27.07.2021

Optionen eines wenigstens zweiwöchigen Urlaubs diesen Sommer gab es viele. Die grundsätzliche Entscheidung, meinen MiniCamper (mit Hund & Rad) zu schnappen, war gefallen, nachdem klar wurde, dass der „Run“ auf Campingplätze im Sommer 2021 in Deutschland irrsinnig würde. Von daher ist mir die Lust schnell vergangen, zumindest ein kleines Bundesland mit dem Rad zu umrunden (vgl. auch Wabentouren).

Organisatorisch ließ sich für mich nur die zweite Julihälfte realisieren. Was liegt also an Reisezielen realistisch drin?

Da war zunächst Griechenland

Die Insel Thasos ist gut über Italien zu erreichen. Man muss allerdings Italien komplett durchqueren, nimmt eine Fähre und man ist dort. Entfernung: 2190 Km. Schon reichlich Kilometer für nur zwei Wochen. Aber wunderbare Wandermöglichkeiten. Nachteil zwei: Juli und August werden dafür ausdrücklich nicht empfohlen wegen der heftigen Hitze. Trotz 1000 Meter hoher Berge. Optimal seien Mai, Juni, September und Oktober. Da ich auch dieses Jahr stechender Sonne aus dem Weg gehen will, definitiv nix für mich. Für Hundi auch nicht. Das Ziel ist aber für einen späteren Tripp und einem anderen Reisemonat abgespeichert.

Die Pyrenäen

Die ich schon ein paar Mal vor Jahren überquert habe. Mal mit Auto, mal mit Moped, mal mit Caravan, mal mit Reisemobil. Aber niemals haber ich in der bezaubernden wie atemberaubenden Landschaft innegehalten und eine paar Tage dort verbracht. Und zum Wandern eignet sich die gewaltige Gebirgskette hervorragend. Natürlich auch zum (sportlichen) Rad fahren oder für Mopedtouren. Aber entscheidender Nachteil: Alle Franzosen haben Ferien und bei den Spaniern ist es im Juli nicht anders. Wer einmal im Juli oder August in südlichen Gefilden Urlaub gemacht hat, weiß, was ich meine. Randvolle Campingplätze bis zum Abwinken, Lärm, Erlebnisbedürfinis pur für alle steht auf dem Programm. Daueranimationsprogramme für Kids. Nie wieder mit mir! Aber auch diese Region habe ich mir abgespeichert, um sie im Herbst gerne für zehn Tage zu besuchen.  Vielleicht sogar noch dieses Jahr. Einen Campingplatz auf spanischer Seite im Nationalpark habe ich bereits ausgeguckt. Und es ist von mir nur die halbe Wegstrecke im Gegensatz zu Griechenland, etwa 1100 Km. Passt.

Tirol

Ebenfalls ein Favorit. Und faszinierend schön & bietet über Klettern, Drachen fliegen, Rad fahren und Moped fahren sowieso, klasse Wandertouren für alle Kategorien. Von seicht bis alpin. Ich war mir einfach noch nicht klar, ob ich wandern oder radtouren wollte, im Tal von See zu See sozusagen oder wandern oder beides. Ich habe mich dafür entschieden; aber zu einem anderen Zeitpunkt für einen Ein-Wochen-Tripp. Weiteres dazu dann später hier im Blog. Auch hier habe ich schon einen Campingplatz ausgeguckt, den ich anlaufen werde, wenn ich Tirol besuche. 


Dänemark

Der Norden ist es geworden. Keine hitzige Mittelmeersonne mit Temperaturen täglich über 30°. Stattdessen dagegen eher frische, aber trotzdem sommerliche Wohlfühltemperaturen. Mit MiniCamper, Hund, Fahrrad und Fahrradhänger. Also buchstäblich das volle Programm, was das volle Auto angeht. Ich war schon viele Jahre nicht mehr dort. Und als wir 2016 Schweden besuchten (im Blog nicht enthalten), war es nur Durchfahrtsland. Dabei ist dieses Dänemark einfach nur zauberhaft ruhig, die Landschaft sanft hügelig, die Menschen, so mein Eindruck, entspannt. Vom Hörensagen erfuhr ich, dass Hunde stets auch beim Camping sowie an den Stränden willkommen sind. Einfach, stressfrei, unkompliziert. Um dies vorwegzunehmen: es stimmt, daher schon hier mal meine volle Zustimmung.


Vor Dänemark durch Norddeutschland

Aber bis wir in Dänemark sind, müssen wir durch die deutsche Republik tuckern. Unser erster Stop ist bei Osterode am Harz auf einem Bauernhof - wie sollte es auch anders sein.

Dann fahren wir über Hildesheim, wo im Café del Sol ein Mittagessen auf uns wartet, weiter. Am Nachmittag juckeln wir über die Bundesstraße 6 von Hannover über Nienburg zunächst bis bei Bruchhausen-Vilsen. Das dürften so etwa 130 Kilometer sein. Dort machen wir am Heiligenberg eine gute Stunde Pause und fahren im hügeligen Wald spazieren. Das heißt, ich nehme mein Fahrrad von der Anhängerkupplung und Hund Nestor freut sich schon wie verrückt, dass er endlich ordentlich laufen kann. Manchmal ist einfach locker laufen genau das Richtige.
Wir erkunden das Gebiet durch den Ringwall, einer Anlage des damals namensgleichen Klosters Heiligenberg aus dem 13. Jahrhundert. Vom Kloster ist nicht mehr viel übrig geblieben, aber es gibt ein altes schönes Forsthaus aus dem 18. Jahrhundert, heute schicke Restauration, ein ebenso altes Gästehaus und in der näheren Umgebung eine wunderschöne uralte Wassermühle, auch ein Gasthof. Aber leider heute geschlossen. Wirklich richtig schön hier - und gar nicht erkennbar von der Bundesstraße. Ein guter Tipp, dem ich bei nächster Gelegenheit im Norden näher verfolgen werde.

Ursprünglich: Dötlingen
Ursprünglich: Dötlingen

Wir fahren weiter und landen im etwa 50 Kilometer entfernten Aschenstedt bei Wildeshausen in der gleichnamigen Geest. Ein schöner Campingplatz mit viel Platz, ob auf großer Wiese oder unter alten Bäumen, quasi im Wald. Es ist nicht voll! Klasse. Eine schöne Atmosphäre. Ich richte meinen MiniCamper aus und mich ein; dann gehe ich eine große Runde mit Nestor zwischen Getreidefeldern in der wieder sanft hügeligen Landschaft Niedersachsens spazieren. Im weiteren Verlauf gönne ich mir ein gutes echtes Abendbrot im buchstäblichen Wortsinn mit Käse, Wurst, norddeutschem Vollkormbrot und tollem Bier aus der Region. Wetter und Stimmung ist ausgezeichnet.

Darum beschließe ich, den folgenden Tag auch noch da zu verweilen. Ich besuche Dötlingen, ein so typisches niedersächsisches Bauerndorf, wie es typischer nicht sein kann. Und weil es noch so ursprünglich bäuerlich wirkt (alte Bauernhöfe und Häuser) und allgemeine Dörflichkeit mit über viele Jahrhunderte gewachsener Strukur verkörpert, kommen dort an vielen Wochenenden ganze Busgesellschaften hin. Gut, dass Wochenbeginn ist. Es herrscht Ruhe. Es ist ein Ort des Wohlfühlens. Ich besuche die Ortskirche, eine ziemlich alte. Hier will man wirklich "an die gute alte Zeit" glauben.

Grabstelle und Flugformation bei Dötlingen
Grabstelle und Flugformation bei Dötlingen

Nach vielleicht zwei Stunden einer Form der Beschaulichkeit, die ich nicht allzu häufig antreffe, fahren wir mit Fahrrad nach Wildeshausen. Ich beschließe, dort zu Mittag zu essen. Bis dahin mögen es vielleicht acht Kilometer sein und fahren neben der Hunte entlangder Fluss, der sich durch die Wildeshauser Geest schlängelt. Hundi läuft, stöbert, tobt und geht immer ins Wasser, nachdem ich ihm seine Frisbiescheibe in die Fluten werfe.
Es ist früher Nachmittag und ich sitze draußen beim Griechen. Salat und Pizza. Beim Griechen! Das gibt es tatsächlich. Danach bummel ich, das Fahrrad bleibt geparkt,  durch das kleine Städtchen Niedersachsens und immer mehr drängt sich Urlaubsstimmung und Gelassenheit in den Vordergrund. Ein herrliches Gefühl. Eigentlich könnte ich ja noch einen oder zwei Tage bleiben ...
Auf dem Rückweg besuchen wir noch Hügelgräber, erkennbar an einer Formierung und Ansammlung mittelgroßer Findlinge, wo in der Jungsteinzeit die Ahnen ihre Verstorbenen bestattet hatten.


Mittwoch

Gut untergekommen
Gut untergekommen

Aber ich fahre weiter. Ostsee, Fjorde, Strand. Das soll die kommende Woche angesagt sein. Ich zahle, packe meine sieben Sachen zusammen und schon sind wir wieder unterwegs. Von hier über Flensburg nach Dänemark ist es nicht mehr weit: etwa 350 Kilometer. Ich nehme die Autobahn und sind sagenhafte drei Stunden weniger, obwohl   es über Land- und Bundesstraße an der Küste über Cuxhaven, Jadebusen wahrscheinlich sehr viel reizvoller wäre. Aber auf uns wartet ja die Ostsee und überhaupt.


Unsere Übernachtung

  • Campingplatz Aschenbeck, Zum Sande 18, 27801 Dötlingen, Tel. 04433 968847 E-Mail: aschenbeck.camping@web.de
  • Preis: 10,50 € / Übernachtung / 1 Person, Hund, Auto
  • Eindruck: großer weitläufiger und ruhiger Campingplatz, großzügige nicht parzellierte Stellplätze, frei wählbar. Teiche zum Baden und Angeln. Ein zentrale gepflegte sanitäre Anlage mit Waschmaschine etc. Grill / Restaurant im Zeltanbau, Kioskverkauf. Empfehlenswert 👍 Auch für längeren Aufenthalt

Risiko

Reisen als Nomade, sprich Camper, die mal täglich, mal alle zwei Tage von Ort zu Ort ziehen, also recht spontan entscheiden, ist in der sogenannten Hauptsaison Juli und August, immer mit der Ungewissheit verbunden, am Ziel- bzw. Wunschort überhaupt einen Platz zu bekommen. Dank Pandemie scheinen auch viele "neue Camper geboren" worden zu sein und viele reservieren und planen regelrecht ihren Campingurlaub. Mir widerstrebt gerade im Nomadenleben genau das! Planen, organisieren und wochenlang oder wochenweise an einem Platz zu kleben.

Ich habe aber schnell die Erfahrung gemacht, dass es, wie in meinem Fall, sinnvoll ist, möglichst in Sichtweite der Rezeption des C-Platzes für die Anmeldung zu parken. Auf den Plätzen, die ich in Dänemark besucht habe, hieß es:"Ach, ist das Ihr Camper? Der ist ja gar nicht groß. Ein normales Auto. Ich glaub, da finden wir ne Möglichkeit." So fand ich immer ideale Stellplätze am Wasser. Fantstisch!

Und noch etwas überraschte mich angenehm: alle Dänen, mit denen ich sprach, konnten gut deutsch. Null Missverständnisse. Freundlichkeit und immer zielführende Lösungen parat.

Ich wollte Wind, Sonne, Strand und Dünen. Drum entschied ich mich dafür, in Dänemark zunächst die Route entlang der Ostsee zu nehmen, nachdem ich Flensburg passiert hatte. An der Grenze wurden die "Grenzgänger" einzeln durchgewinkt. Ich auch. So rollte ich genüßlich bei einem angenehmen Sonne-Wolkenmix gen Norden, um mich dann in einer Bucht, von der mir die Karte im Internet im Satellitenmodus eine schöne Region suggerierte. So landete ich nur etwa 70 Kilometer hinter der Grenze.

An der Rezeption wurde ich von der freundlichen Chefin in sehr gutem Deutsch nur nach meinem vollen Namen gefragt. Kein Ausweis, kein Fahrzeugkennzeichen, kein Anmeldeformular, kein irgendwie gearteter Nachweis im Hinblick Identitätsnachweis oder Covid-19. Dann die simple Zuweisung des Platzes direkt am Wasser (wie gut manchmal MiniCamper sind 🙂 ! Größere Reisemobile oder ein Caravan hätte dort nicht hingepasst - und vor mir Schilf, Sand und Wasser). Ansonsten war der große C-Platz rappeldickevoll. Es war ein Mittwoch und gegen 18:00 begann im Zelt Live-Musik im Wechsel mit einem DJ. Aber pünktlich um 22:30 hörten die wieder auf. Ein Glück!

Am nächsten Tag erkundigte ich mich über Radtourstrecken in die nähere Umgebung. Die Chefin sagte, dass es hier nicht so viele Ausflugsmöglichkeiten gebe. Aber sie empfahl mir den Slivsø-See bei Hoptrup, ein Naturschutzgebiet und Paradies für diverse Vögel. Allerdings sei nur die halbe Strecke direkt am See gut mit Rad zu machen. Die andere Hälfte sei über ziemlich hügelige Straßen mit relativ viel Kraftverkehr und ohne Radweg.
Als ich also die halbe Tour gemacht hatte, schaute ich mir die Straße ohne Radweg an und entschied mich aber dagegen, die "volle Runde" zu machen. Ja schön, wär dann ne ganze Runde geworden - aber wär das noch vergnüglich mit an einem vorbeirauschenden Autos und Wohnmobilen?
Ich habe auf meinen großen und kleinen Touren ohnehin die Erfahrung gemacht, dass auch die Rücktour, nur eben in die andere Richtung, auch die Perspektive wechselt. Und dann nehme ich Dinge neu oder anders wahr, als es auf meinem Herweg der Fall war. So war es auch auf dieser relativ kleinen Runde, aber es war hochinteressant.

Abends grübelte ich noch über die Worte der Campingplatz-Chefin nach ("so viel gibts hier nicht zu erkunden..:") und entschied mich dafür, dem Tipp meines Bruders zu folgen und quer "nach links" zum Ringkøbing-Fjord zu fahren, etwa 150 Km entfernt. Der hatte immer davon geschwärmt. Ist dann Nordsee und nicht mehr Ostsee (die ich so mag), aber ich wollte meine paar Tage in Dänemark mehr an einem Ort verbringen und nicht alle zwei Tage weiterreisen. Also verließ ich mich auf die Schwärmerei - und sollte nicht enttäuscht werden.


Wir haben Freitag, 23. Juli. Die berühmten sieben Sachen sind schnell gepackt (naja, ne gute Stunde brauche ich immer), fahre direkt zum Ausgang des Campingplatzes und zahle.


Unsere Übernachtung

  • Vikær Strand Camping, Dundelum 29, 6100 Harderslev
    Tel: +45 7 45 75 464
  • Preis: 414 dkr / 55,66 € f. zwei Übernachtungen
  • Eindruck: großer Campingplatz, liegt an einer Bucht an der Ostsee. Gepflegte sanitäre große Anlagen, Laden. Pizzabäker, deutsch wird auch gesprochen, Surfen, Rad fahren etc.. Alles ok. 👍

Dann rollen wir die zwei Kilometer noch mal an den Slivsø-See und Hundi geht schwimmen und es wird ein Spaziergang.
Aber dann rollen wir, nachdem ich mein schlaues Mobiltelefon navimäßig eingestellt habe, Richtung Fjord. Ich entscheide mich für die Region um Tarm. Dort gibt es den einen oder anderen Campingplatz, ich rufe nicht an, sondern lasse es (ohne Reservierung) drauf ankommen.
Unterwegs kaufe ich noch ein paar Dinge für Küche und leibliches Wohl ein und wir düsen gemütlich weiter. Unterwegs gehen wir in einem einladend aussehenden Wäldchen spazieren und wir haben einen ausgewogenen Mix aus Sonne und Wolken. Temperatur: 25°. Innerlich schüttel ich den Kopf. Laut Äpp angeblich ganztags Regen und gerade mal 20°. Kann ich nicht bestätigen. Gut so!

Ich komme gegen 15:30 an, parke vor der Rezeption - und siehe da! Vieles voll und unbelegte Plätze ausgebucht. Der sympathisch wirkende Campingplatzinhaber (familiengeführt, wie sich herausstellt) schüttelt erst den Kopf, sieht zu mir auf, dann nach draußen, fragt, ob das blaue Auto meins sei, was ich bejahe. Und schon findet er  für Hund & Herrchen ein Plätzchen mit direktem Zugang zum Wasser. Ich schlage sofort zu und nehme den Platz in Beschlag. Und in der Tat: ein größeres Reisemobil hätte da auch nicht hingepasst. Trotz "zentralem Ausgangsort" (der Platz ist der letzte, der zum Ausgang und zum Strand führt), ist es dort ruhig. Klasse!

Nachdem ich uns eingerichtet und zuvor meinen MiniCamper ausgerichtet habe, gehen Hundi und ich erst aus dem Ausgang und sind begeistert: links, vielleicht 150 Meter entfernt, ein großes altes und gepflegtes Gebäude, was sich als Restaurant herausstellt. Daneben ein klitzekleines Häuschen, kaum größer als ein nettes Wohnzimmer mit Terassentür. Kaum vorstellbar, dass das offenkundig vermietet wird, erkennbar am auswärtigen Pkw, der davor parkt. Und ansonsten nur Wiese, Strand, Sand Wasser. Eine optimale Stelle für Kitesegeln. Wir gehen den Fjord rechts entlang. Es sollen nur wenige Schritte sein; es werden elf Kilometer, die Hund & Herrchen spontan spazieren gehen. Sonne satt. Weiterhin 25°. Wir haben bereits nach 20 Uhr. Die Wetter-Äpp sagt "weitere Regentage" voraus.

Gegen 21:30 machen sich mehrere Leute "zum Sonnenuntergang" auf den Weg. Das scheint bei den Campingleuten so was wie ein Ritual zu sein, weil dies allabendlich so ist, wie sich mir zeigen wird.
Und es ist einfach nur schön und richtig entspannte Urlaubsstimmung. Die Bilder sprechen für sich.


Samstag

Wir gehen unsere Morgenrunde durch die Dünen in der Nähe der Nordsee. Eine schöne Morgenstimmung. Wir sind allein so früh morgens. Das Wetter verspricht heute durchgehend Sonne satt. Ab morgen sagt die Vorhersage sehr viel Regen für die ganze nächste Woche voraus.

Derweil überlege ich, ob ich meinem Hund eine Radtour zumuten kann. Er hat zwei Tage zuvor irgendwas aufgenommen, was ihm Durchfall und mir größer werdende Sorgen bereitet. Er läuft mäßig. Ich habe in den vorangegangenen beiden Nächten immer ein wachsames Auge auf ihn gehabt und war unruhig, da er auch alles zuvor Gefressene ausgewürgt hatte.  Ich lasse ihn weniger laufen. Aber im Fahrradhänger viel zu stehen, ist auch sehr anstrengend.

Nach einem kurzen Gespräch mit einem anderen Gast vom Campingplatz wird klar, dass wir den Ringköbingfjord nicht umrunden können: 105 Km. Oder unbefestigter und unebener Schotterweg, der sich deutlich schlechter befahren lassen soll, dafür dann aber 20 bis 30 Km weniger wäre. Normalerweise hätte ich die Umrundung als sportliche Herausforderung genommen - mein Hund auch. Aber es war nicht normal. Hundi war geschwächt, aber unerschütterlich in seinem Gemüt. Ich telefonierte nach Deutschland und Frankreich, um mir Rat bei Familie und Freund zu holen. Schonkost, viel trinken und den Hund genau beobachten (es war wirklich dramatisch, Durchfall an sich ist eigentlich kein Drama, will hier aber nicht weiter in Details gehen).
Ich entschied mich, jedes wohlfühlverhalten meines lieben Hundes auf der Gutseite zu verbuchen und morgen früh die Situation neu zu  bewerten. Innerlich stellte ich mich auf direkte Abreise nach Flensburg ein. Tierarzt, Tierklinik, was auch immer. Bis dahin aber wollte ich - bei aller Vorsicht- mit Rad und Hund im Fahrradhänger und viele Pausen und Zwischenstopps, Richtung Ringköbing fahren.

Wir fahren dann auch bis kurz vor Ringköbing und finden ein plauschiges Plätzchen direkt am Fjord im Sand mit Schilf im Hintergrund. Dann ab in den Fjord. Aber bis ich Knietiefe erreiche, muss ich mehrere Hundert Meter reingehen(!) Von Schwimmtiefe ganz zu schweigen. Nessi ist dabei und hat seine Freude.

Irgendwann machen wir uns wieder auf den Rückweg. Ich wusste gar nicht mehr, wie sich 9 Km zum nächsten Ort auf einer Geraden so elendig hinziehen. Trotz Elektoantrieb (bei leichtester Unterstützungsstufe) war der Gegenwind eine echte Herausforderung. Irre!
Abends frisst Nessi mit gutem Appetit. Dann bittet es um mehr. Ich geb ihm noch was. Da guckt er nur fragend. Ich reiche ihm ein Stück Ochsenziemer. Das wollte er und er genießt ihn.


Sonntag

Das mit dem Fressen (oder dem Ochsenziemer) war wohl ein Fehler. Nestor holt mich etwa im zwei-Stundentakt raus, weil er wieder heftigen Durchfall hat. Immer wieder. Aber kein mal kommt irgendwas. Aber er leidet. Meine Erkältung (Halskratzen, leichter Schnupfen - hatte ich bestimmt einige Jahre nicht mehr!) tut ein Übriges, um den ganzen Sonntag kaputt zu sein. Ich will um einen oder zwei Tage unseren Aufenthalt verlängern, einfach, um auszuruhen. Zu spät. Der Platz ist zwischenzeitlich an andere reserviert. Ich packe, fahre direkt neben den Platz auf den Parkplatz, schnappe meinen Liegestuhl, Nessi und Wasser, um in der Sonne zu dösen. Bin zu schlapp, um einen neuen Platz zu suchen. Letztlich kehre ich zwei Stunden später wieder auf den Campingplatz zurück und bekomme einen anderen, viel ruhigeren Platz für weitere zwei Tage. Warum habe ich das nicht gleich gemacht?!
Nachmittags regnet und gewittert es tatsächlich mal. Zum späteren Abend hört der Regen auf. Wir machen einen Spaziergang. Nestor hat den ganzen Tag weder gegessen, noch getrunken. Tiefe Sorgen treiben Tränen in meine Augen. Mein Entschluss steht fest: Wenn bis morgen früh keine Verbesserung seines Zustands eintritt, geht's direkt nach Flensburg und der Urlaub ist beendet. Ich suche mir schon mal einen Tierarzt und die Adresse der Tierklinik raus.


Montag

Die Nacht zu Montag war zwar ruhig und insofern schön, weil schlafreich und erholsam. Ich konnte sogar etwas durch die Nase atmen. Aber ich schaue mehrmals in der Nacht, ob Nestor atmet (klingt bekloppt!), ich streichel ihn, versuche ihn zum Trinken zu animieren. Er will nicht. Jetzt ist seine Schnauze noch trocken, nicht mehr heiß. Positive Tendenz. Ich benetze seine Schnauze mit Wasser mit meinen Fingern. Er leckt sie ab und dreht sich zum Schlafen ab. Ich mache mir klar, dass ich sofort am Morgen meine Zelte abbreche und fahre, wenn er nichts trinkt. Unverzüglich nach Flensburg zum Tierarzt! Nestor und ich wachen quasi zeitgleich auf. Es ist 7:30. Er zieht vor Freude seine Leffzen hoch, als ob er lacht (eins seiner Markenzeichen). Und er freut sich wie immer. Seine Schnauze ist kühl und feucht. Ich bin riesig erleichtert! Auf zu einer ersten Morgenrunde. Er geht fröhlich und aufmerksam. Ganz der Alte. Er scheidet etwas Gras aus, was er gestern Abend gefressen hatte. Alles noch nicht gut - aber besser.

Nach dem Morgenspaziergang stelle ich ihm Futter hin. Trockenfutter. Schonkost, sprich Dosenfutter, habe ich leider nicht. Er frisst!. Anschließend trinkt er. Er bleibt "unter voller Beobachtung". Er wirkt aufmerksam und munter wie eh und je. Kein Vergleich zu den Tagen zuvor. Das werte ich als Zeichen dafür, dass er übern Berg ist. Wir bleiben und machen einen langen Spaziergang nach Bork Havn, etwa acht Kilometer von unserem Ort entfernt. Immer am Fjord entlang. Mittags treffen wir dort ein: ein kleines Kaff mit ausgewiesenem Wikingerhafen. Ohne Ende viele Leute. International. Das ist mir zu viel. Wir sind nun direkt am Hafen, aber den Wikingerhafen, der hier auch sein muss, tun wir uns nicht an. Eine Fressbude neben der anderen, ein Restaurant neben dem nächsten. Echt verrückt.
Wir haben Glück. Ich ergatter draußen einen Platz und finde so die Gelegenheit, eine Kleinigkeit zu essen und probiere ein dänisches dunkles, eher rötliches Bier. Schmeckt. Nessi bekommt Wasser, was er sofort nimmt. Ich freue mich, dass es ihm von Stunde zu Stunde zusehens besser geht. Eine unendliche Erleichterung macht sich in mir breit.

Da es gestern Nachmittag geregnet hat und die Äpp manchmal also auch gelegentlich halbwegs zutreffende "Voraussagen" von sich gibt, schaue ich vorsichtshalber mal rauf: heute soll's wieder regnen und gewittern. Irgendwann am Nachmittag. Da mich in der Hochburg der Touristenzone nichts hält, gehen wir auch alsbald wieder den gleichen Weg zurück und ich lasse meine Gedanken fliegen, verbunden mit einem schönen Gefühl der Erleichterung. Alles wieder gut!
Wenn man schon 15 Kilometer flott gegangen ist, kann man das schon gut spüren. Meine Beine werden müde. Unter dem Himmel zieht eine immer dichter werdende Wolkendecke auf, wirkt aber immer noch freundlich. Wir haben noch gut drei Kilometer zu gehen, erste Regentropfen lassen sich blicken. Donnergrollen kündigte sich schon Minuten vorher an. Ich schnappe mir meine dünne super nanodichte Regenjacke und hänge sie mir über Schulter und Rucksack. Anziehen mag ich sie nicht; sonst fange ich dadrunter nur zu schwitzen an. Warm ist mir sowieso schon.
Der Regen wird dichter, je näher wir uns unserem Camp kommen. Dem Hund machts nichts aus. Er genießt ganz offenbar seine neu gewonnene Vitalität. Ich werde nur bedingt nass, alles gut gemacht. Tag & Zeit schön ausgenutzt. Jetzt heißt es, es sich bei kräftigem Gewitter & Regen im MiniCamper gemütlich machen.

Abends gibt es ein warmes Essen, bestellt im Laden des Campingplatzes. Ich habe beschlossen, dass die Küche heute Ruhetag hat. Dazu zwei leckere Bier, Nestor bekommt Fressen und hat guten Appetit. Die letzte Runde am Abend zeigt, das Hundis Verdauung sich auch wieder normalisiert hat.

Was für eine Aufregung in den vergangenen Tagen. Jetzt ist wieder alles gut.


Die weiteren Tage

Ich entschließe mich dazu, Dienstag Richtung Glücksburg zu fahren, um noch zwei, drei Tage in Schleswig-Holstein an der Flensburger Förde zu verbringen. Immer noch Urlaub, aber schon ein kleines bißchen Rückweg gemacht. Das nächste Wochenende, was mein Urlaubsende ankündigt, ist leider nicht mehr so weit weg.

Wir treffen in Bockholmwik ein, ein hoffungslos überfüllter Campingplatz. Die Leute sind sehr nett und ich finde da, wo eigentlich kein Campingareal mehr ist, sondern eher ein Stück Grünstreifen neben dem Parkplatz, Platz für meinen MiniCamper. (Ein Platz am Wasser? Keine Chance.) Dort steht schon ein altes Ehepaar mit seinem Caravan und ein junges Paar aus Bayern gesellt sich mit Zelt auch dazu. Die Aussicht ist sehr schön und man blickt auf die dänische Seite Aabenraa herunter. Jawohl: herunter. Denn hier ist es erstaunlich hügelig, was für weite Teile der schleswig-holsteinischen Küste gilt. Das durfte ich bei einer meiner früheren Radtouren in den Norden reichlich feststellen.

Die Nacht ist unruhig, der große Parkplatz "lebt", ständig laufen da Leute, quatschen und albern rum und nach Mitternacht kommen noch dicke WoMos, die sich einen Stellplatz suchen.

Am frühen Morgen entscheide ich mich, den Platz zu wechseln und verlasse Bockholmwik. Zunächst suche ich nach einem sehr einfachen Campingplatz bei Glücksburg direkt am Strand bei Sandwig und Moos. Es noch gar nicht lange her, 2015 war es. Da stießen wir zufällig auf diese kleine Perle von C-Platz. Der ist wirklich von einfachster Art gewesen, reicht uns aber allemal aus. Ich finde ihn weder auf meiner Karte, noch irgendwo ausgeschildert. Also frage ich die, die es wissen müssen. Und erhalte prompt die Antwort, dass es ihn nicht mehr gibt. Statt dessen sehe ich vornehme "Ostseelodges". Aha, denke ich mir. Einfachheit nicht erwünscht, vermutlich, weil es kein Geld bringt und das wars. Schade, schade.


Unsere Übernachtung
  • Fördeferien Bockholmwik, Bockholmwik, ausgeschgildert, Tel: 04631 2088
  • Preis: 21,50 f. eine Übernachtung (Zelt/Auto: 10€; 1 Pers. 6€, 1 Hund 3,50€; Abfallgebühr: 2€ (kein Strom in Anspruch genommen)
  • Eindruck: großer Campingplatz, viel Strand, in der Förde an der Ostsee. Gepflegte sanitäre Anlagen. Viele Menschen. Dafür, dass wir gefühlt auf dem Parkplatz geschlafen haben, ein ambitionierter Preis. Die hohe Abfallgebühr pro Tag scheint irgendwie "typisch deutsch".


Klimawandel? Da bin ich mir nicht sicher.
Klimawandel? Da bin ich mir nicht sicher.

Schließlich aber werde ich im Ostseecamp Holins fündig. Auf den ersten Blick gefiel mir dieses dicht an dicht von (Dauer)Campern gar nicht, aber ich finde ein sehr schönes Plätzchen für die nächsten Tage und der Platz entpuppte sich als prima Standort für unsere Wanderungen am Strand und um die Halbinsel Holins, für die wir etwa 10 Kilometer zurücklegten (sehr empfehlenswert). Auch kräftiger Dauerregen vom Vormittag bis zum späten Nachmittag kann uns nichts anhaben. Wir machen es uns drinnen gemütlich mit lecker kochen, essen, lesen, dösen. Am Spätnachmittag klart es auf, die Sonne lässt sich wieder blicken und wir machen uns per Fahrrad auf ins wenige Kilometer gelegene Glücksburg. Es ist unglaublich kalt geworden, keine wirklich sommerlichen Temperaturen mehr. Aber regenfrei.

In den Tagen meines Aufenthalts auf Holins habe ich nette Leute kennengelernt, unter anderem einen Harley-Fahrer aus Bayern, mit dem das Diskutieren über Gott und die Welt viel Spaß machte und einen Hundehalter, der zufällig exakt den gleichen Hund hat, wie der meine einer ist: ein brauner Flat. Auch hier haben wir viel und lange über unsere Erfahrungen mit unseren besten Freunden geplaudert. Schließlich geht es mit zwei Zwischenstopps in Bremen und im Harz (auch eine eigene Reise wert) wieder zurück mit einem Sack voller Impressionen von dieser kleinen Tour nach Norddeutschland und Dänemark.






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Rumpelholz - Das bessere Tagebuch